Transkript Video Sachsenhain Verden – Bauten des Nationalsozialismus

Interview mit Dirk Grieger, ev. Jugendbildungsstätte Sachsenhain, Verden, 2014

Hallo, mein Name ist Dirk Grieger, ich bin der Hausleiter des Hauses hinter mir. Wir sind hier in der evangelischen Jugendbildungsstätte Sachsenhain in Verden, im schönen Niedersachsen. Ich betreue die Gruppen, die bei uns zu Gast sind. Den evangelischen Jugendhof gibt es seit 1950 und er ist seither im Besitz der evangelischen Kirche. Wir machen hier vor allem Jugendarbeit, Jugendbildungsarbeit und sind da für Gäste, die hier ihre Seminare machen.

Wir selbst wissen von der Geschichte seit der NS-Zeit. Die Nationalsozialisten haben hier diese Gebäude, die sie hinter und links und rechts von mir sehen, zusammengetragen. Das sind alte niedersächsische Häuser.

Interessant und originell ist unser Steinrundweg. Wir haben auf unserem Gelände, 12 Hektar, einen 1,2 Kilometer langen Rundweg, der angelegt worden ist mit Findlingen aus der Gegend hier. 4500 Stück sollen es sein (ich habe sie noch nicht gezählt). Und zwar sind die 4500 genau die Anzahl, die Karl der Große hier an Sachsen angeblich hingerichtet haben soll. Man weiß heute, dass das nicht der Ort war, aber es wurde so angenommen. Und diese Stätte, mit den 4500 Steinen, birgt eine große Freifläche, die damals von der nationalsozialistischen Jugend und den Nationalsozialisten eigentlich als Versammlungsstätte gedacht war. An diesem Steinweg, wir sprechen heute vom Meditationsweg, haben wir die Steine ein wenig umgewidmet. Wir haben einige Steine mit Inschriften aus der Bibel genommen, und wir haben auch unser Haus nachgewidmet. Auf dem Haus hinter mir sieht man noch eine Holzinschrift auf dem Balken, die Bezug nimmt darauf, dass wir uns als lebendige Steine zum Hause Gottes aufbauen sollen, und das ist schon bei uns auch Thema. Wenn ich mit Gästen bei uns um den Weg herumgehe, dann versuchen wir diese Steine lebendig werden zu lassen und sie zu uns reden zu lassen. Dass die Steine uns mahnen, aufmerksam zu sein  – und es hat was. Wenn man den Weg mal herumgeht, vielleicht alleine,  und sich ein wenig meditativ vertieft, dann ist man an einem ganz ungewöhnlichen Ort hier.

Niemand möchte, glaube ich, in die Fußstapfen der NS-Vergangenheit treten. Vor allem wir in der Kirche bemühen uns, mit der Geschichte zu leben und die Geschichte, mit jungen Leuten vor allem, aufzuarbeiten. Und deswegen gibt es hier großes Interesse daran, die geschichtlichen Wurzeln zu erspähen, zu erspüren und darüber zu reden und den Gruppen auch die Möglichkeit zu geben, uns auszufragen. Die Fragen kamen sehr oft und deswegen sind wir ganz offensiv mit der Geschichte, auch auf den Tafeln hier auf dem Gelände umgegangen. Wir sagen: das war so und wir sind jetzt dafür verantwortlich, dass sich das nicht wiederholt. Wir machen auch viel Bildungsarbeit, die auch möchte, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Eine Minderheit ist schon der Meinung gewesen „nee, lasst uns das mal nicht veröffentlichen, wir wollen das ein bisschen verdeckter halten“, aber die große Mehrheit war schon auf unserer Seite: zu sagen wir leben in, mit und durch die Geschichte.

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